Tao Teh King, Kapitel 1

Das Tao Teh King oder Daodejing kann als eine der wichtigsten überlieferten Schriften gesehen werden. Gleichzeitig aber, aufgrund der Missverständlichkeit der Bildzeichen bietet dieses Buch ein enormes Spektrum an Auslegung. Klar, dass es hierzu auch viele Übersetzungen gab.
Crowley war immer der Meinung, dass es überhaupt keine vernünftige Übersetzung des Tao Teh Kings gäbe, einerseits weil es immer wieder auf christliche Termini herabgesetzt würde andererseit weil die abendländische Kultur gar nicht über das Vokabular verfüge um dessen Weisheitsschlüsse deutlich zu machen.
So war allein das Wort Tao, als er es schliesslich selbst auf sich nahm, die Texte zu übersetzen wenn überhaupt, nur schwer in ein Wort zu fassen, bis er schliesslich eine zufriedenstellende Hilfe in der hebräischen Qabalah fand. „Recht verstanden ist sie ein System unendlichen elastischen Symbolismus‘, das keine Axiome annimmt, keine Prinzipien postuliert, keine Theoreme behauptet und deshalb angepasst werden kann… um jegliche vorstellbare Doktrin zu beschreiben." (Liber 157, Vorwort)
Trotzdem setzen wir die gängige Übersetzung (von Richard Wilhelm) noch dazu, um einen gewissen Spielraum zwischen den Weisheiten des Ko Yuen (A. Crowley) und den gängigen zu haben.
Im folgenden werden wir einen Blog mit jeweils einem Kapitel herausbringen, als erstes immer die Version Wilhelms, danach die Crowleys.
1. Verkörperung des Sinns
Der Sinn, der sich aussprechen läßt, ist nicht der ewige Sinn.
Der Name, der sich nennen läßt, ist nicht der ewige Name.
«Nichtsein» nenne ich den Anfang von Himmel und Erde.
«Sein» nenne ich die Mutter der Einzelwesen.
Darum führt die Richtung auf das Nichtsein zum Schauen des wunderbaren Wesens, die Richtung auf das Sein zum Schauen der räumlichen Begrenztheiten.
Beides ist eins dem Ursprung nach und nur verschieden durch den Namen.
In seiner Einheit heißt es das Geheimnis.
Des Geheimnis noch tieferes Geheimnis ist das Tor, durch das alle Wunder hervortreten.
Kapitel 1
Die Natur des Tao
1. Der Tao-Pfad ist nicht das All-Tao. Der Name ist nicht das benannte Ding.¹
2. Unmanifestiert ist es der Geheime Vater des Himmels und der Erde. Manifestiert ist es ihre Mutter².
3. Um dies Mysterium zu verstehen, muß man seinen Willen erfüllen, und wenn man nicht so frei ist, wird man nur oberflächliche Kenntnisse davon gewinnen³.
4. Das Tao ist Eins, und das Teh nur eine Phase dessen. Der Abyss dieses Mysteriums ist das Portal des Schlangen-Wunders⁴.
¹Tao hat als Parallele Pleroma, Shiva, Yod, etc. Teh hat als Parallele Logos, Shakti, He, etc. Aber die Konzeption des Lau Tse vereinigt all dies in ihrem Höchsten. Die beste Parallele ist in Liber CCXX, Kapitel I und II gegeben, wo Hadit Tao und Nuit Teh ist (dennoch sind diese in bestimmten Aspekten ausgewechselt). Der wesentliche Punkt in diesem Paragraphen besteht darin, eine Unterscheidung oder eine Definition zu machen, nicht die Überlegenheit einer der beiden Konzeptionen zu behaupten. Die Illusion einer solchen Bevorzugung würde vom Grad der Initiation eines Studenten abhängen. Ein Magus (9⁰=2*) der A.:A.: würde zweifelsohne den Pfad des „Werdens“ als sein Absolut schätzen, denn das Gesetz seines Grades ist Veränderung (siehe Liber B vel Magi, Sub Figura I,http://www.oto.de/liber-b-vel-magi/). Aber wer weiss? Ein Ipsissismus (10⁰=1*) mag eine Konzeption finden, gar dies zu transzendieren. Zum Beispiel mag jemand den ersten Paragraphen so zu interpretieren, dass er sagt, Werden ist nicht Tao, sondern ein Sein dessen Natur Werden ist. Materie und Bewegung können nicht separat voneinander existieren. Der Leser sollte jeden Vers dieses Buches als einen Text betrachten, der die intensivste und längste Meditation wert ist. Er wird dieses Buch nicht gründlich verstehen, bis er sein Bewusstsein in der grossen Schmiede des Samadhi in seine rechte Form geschmiedet hat.
²Diese Doktrin ist die initiierte Lehre, um auf das hinzuweisen, wofür Priester Legenden der Parthenogenese einführten.
³In einem moralischen Zustand, deshalb ohne Begierde, reibungslos
⁴Vgl Berashith bezüglich der Phasen von „∞“ und „Etwas“. Schlangenwunder bezieht sich auf die magische Gewalt die Kundalini genannt wird. Wir werden das Essay „Berashith“ in Zukunft auch noch übersetzen, da wir den Inhalt als recht wertvoll erachten.